Der Facebook Newsfeed auf der Startseite kommt vielen völlig chaotisch vor. Nicht nur, weil er berufliche und private Inhalte durcheinander wirft und nicht nach Aktualität sortiert ist. Auch, weil die Kriterien so undurchsichtig sind, warum ich das Baby mit der Banane jetzt schon wieder sehe, aber nicht erfahre, dass eine Freundin von mir gerade ein trauriges Bild gepostet hat. Ehrlich gesagt liegt es aber auch an der Erziehung des Newsfeeds. Ja, man kann einen Newsfeed erziehen. Wie das geht und was ich und eine Kundin dabei erlebt haben, liest Du hier.
Meine Kundin fing an Facebook zu hassen. So richtig. Weil sie sagte, es ist nur noch Schrott drin und das wäre alles völliger Schmarren, was ihr da angezeigt würde, würde sie nie interessieren. Sie war fuchsteufelswild und ich war besorgt. Weil ich doch Facebook Werbung schalte. Jemand der Facebook hasst, wird denen wohl auch kein Geld mehr für Werbung geben.
Newsfeed-Algowas???
Dann erzählte ich Ihr davon, dass hinter den Neuigkeiten auf der Startseite in Facebook der Facebook Newsfeed Algorithmus steht. Das ist ein Computerprogramm, das versucht herauszufinden, was jeder einzelnen Person gefällt und was nicht. Durch Versuch und Irrtum schreibt es sich quasi nacheinander auf, was ich angeklickt habe, wo ich gestoppt habe, wo ich drüber gescrollt habe. All das. Auch, wo mein Mauszeiger steht oder mein Finger halt macht. Wenn es dann ein wenig von meinem Verhalten aufgeschrieben hat, dann handelt es danach.
Ein Beispiel:
Einer Freundin, die ein Bild mit einem Baby mit einer Banane in der Hand postet, gebe ich ein Like. Daumen hoch, finde ich lustig. Der Algorithmus versteht: Ah, Sandra findet Bilder mit Babies lustig, oder mit Bananen, oder wenn jemand einschläft. In wenigen Tagen werde ich dann Bilder von Babies, Geschichten mit Bananen oder Inhalte, wo jemand einschläft sehen. Wenn ich dann auf das Bild mit dem Einschläfer in der Bahn reagiere, weiß der Facebook Algorithmus, ah, sie ist in der Stimmung für lustige Einschläfer-Bilder. Also zeigt es mir mehr davon.
Do more of what works best
Diese Prämisse „Tu mehr von dem was funktioniert“ nutzt also der Newsfeed Algorithmus. Aber ehrlicherweise, weiß ich nicht, was da noch alles gewichtet wird. Und natürlich ist auch meine Darstellung hier stark vereinfacht. Ich kann Dir sehr empfehlen, diese Story von t3n dazu zu lesen http://t3n.me/2Fk9d36 – dort wird detaillierter erklärt, warum was wann wo wie gewichtet wird und dann daher weiter oben oder weiter unten im Newsfeed angezeigt werden kann.
Der Newsfeed-Algorithmus ist ein Geschäftsgeheimnis von Facebook und sehr, sehr komplex. Wir können alle nur spekulieren.
Sitz. Platz. Aus! Und bleib.
Zurück zu meiner unglücklichen Kundin. Ich sagte ihr also, dass der Newsfeed nur Inhalte von Seiten, Unternehmen, Gruppen und Personen zeigt, zu denen sie irgendwann mal Ja gesagt hat. Sei es ja, diese Seite gefällt mir. Oder Ja, mit dieser Person möchte ich befreundet sein. Natürlich gefällt einem da nicht jeder Post. Plus die Werbeanzeigen, die man sich nicht aussuchen kann, aber dafür sorgen, dass Facebook immer noch existiert.
Aber man kann Facebook durchaus Feedback geben, dass einem der Post nicht gefällt. Neben jedem Post sollte es nämlich drei Pünktchen geben. Da kurz draufgeklickt, bekommt man fast immer ein Menü angezeigt. Dort steht: Beitrag verbergen. Damit sage ich klar: Mööööp, nein. Will ich nicht sehen. Oft wird auch „Feedback geben“ angezeigt. Wenn Du gerade Muße hast, kannst Du dort auch auf Feedback geben klicken um dann aus einigen Feldern auszuwählen, warum Du es nicht magst. Meist genügt aber ein Verbergen.
Newsfeed Erziehungsschule
Also riet ich meiner Kundin: Nimm Dir nur 10 Tage lang Zeit. Es genügen je 5 Minuten, um dem Newsfeed zu sagen, was Du alles nicht willst. Dabei entdeckte sie, dass sie sich manchmal gar nicht sicher ist, was sie alles nicht will. Weil heute findet sie die Story über Reisen nach Indien total doof und schon übermorgen wäre sie interessant.
Das Ergebnis nach 10 Tagen
Nach 10 Tagen sprachen wir uns wieder und was soll ich sagen: Seither ist sie glücklicher mit Ihrem Newsfeed. Natürlich interessiert sie nicht alles. Aber die völlig uninteressanten Dinge sind jetzt nicht mehr relevant in ihrem Newsfeed, weil sie sich die Zeit genommen hat, ihren Newsfeed zu erziehen. Und ja, sie hat sich auch von nervigen Freund_innen getrennt und sich auf 10 Gruppen reduziert.
Nicht optional
Genau, wie bei einem Hund, ist Erziehung keine optionale Sache. Man muss sich die Zeit für die Hundeschule nehmen, sonst ist das Zusammenleben genauso chaotisch, wie man es sich gemacht hat.
Veränderungen bleiben normal bei Facebook
Zugegeben: Trotz all der Newsfeed-Erziehung hat Facebook jeden Tag die Möglichkeit alles zu ändern. Sie können herumprobieren und uns neue Newsfeed-Varianten vorsetzen. Sie konnten auch die Interessenslisten still und heimlich verschwinden lassen. Mit Facebook Watch soll innerhalb von Facebook ein neues YouTube entstehen. Es werden weiterhin immer Neuerungen kommen, um Facebook anzupassen auf aktuelle Trends und Bedürfnisse.
Aber eines versteht der blaue Riese immer besser: Wenn Facebook sich gegen seine Nutzer_innen arbeitet, ziehen wir weiter. Und wir wollen einen erzogenen Newsfeed, der für uns funktioniert, ohne uns zu nerven.
Lass mich wissen, was Du dazu denkst.
Herzlichst,
Sandra
Fotos: Charles Deluvio ???? Tim Bennett via unsplash.com